Mosquito by Christian Gude

Mosquito by Christian Gude

Autor:Christian Gude [Gude, Christian]
Die sprache: de
Format: mobi, epub
veröffentlicht: 2012-04-21T08:46:30+00:00


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»Geochelone gigantea, die Seychellen-Riesenschild-kröte.«

Der Stadtarchivar lehnte sich über die niedrige Holzbrüstung und legte die Hand auf den mächtigen Panzer des Tieres.

»Versuchen sie mal Herr Rünz. Das ist besser als Baldrian und Yoga.«

Der Hornschild sah alles andere als keimfrei aus.

Rünz blieb mit den Händen in den Hosentaschen stehen.

»Wie alt die sind weiß kein Mensch. Sind vor über dreißig Jahren als erwachsene Tiere hier ins Vivarium gekommen. Die können über zweihundert Jahre leben! Gut möglich, das irgendwann unsere Enkel mit ihren Kindern hier stehen und ihre Hände auf die Tiere legen – ist das nicht verrückt? Sie fressen und schlafen hier tagaus, tagein und sehen mehrere Generationen von Darmstädtern an sich vorüber-ziehen. Kleine Kinder, die größer werden, die in der Pubertät mit ihrem ersten Partner herkommen und irgendwann ihren eigenen Kindern die Tiere zeigen.

Haben Sie Kinder, Herr Rünz?«

»Nein.«

Der Ermittler fühlte sich genötigt, irgendeine Ent-schuldigung dafür hinterherzuschieben, dass er sich 181

der kollektiven Reproduktionsdoktrin widersetzte, aber er widerstand.

»Kinder sind etwas Wunderbares. Sie verlangen viel von einem, aber sie geben auch viel zurück«, sagte der Archivar.

Ja, zum Beispiel Magen-Darm-Infekte, dachte Rünz. Abgesehen von den hygienischen Proble-men, die so junge Menschen unweigerlich verur-sachten, hatte Rünz im Gegensatz zu seiner Frau nie das Verlangen gespürt, sich durch Fortpflanzung zu verewigen. Genau genommen hielt er intendier-te Kinderlosigkeit für eine herausragende kulturelle Errungenschaft, sofern man Kultur und Zivilisation als Überwindung der archaischen Impulse verstand, die die Urhorden durch die pleistozänen Steppen trieben. Aber es gab nicht viele Mitmenschen, die seine Sicht der Dinge teilten. Er versuchte das Thema zu wechseln.

»Verbringen Sie immer hier im Vivarium Ihre Mittagspause?«

»Nein, meistens arbeite ich ja im Stadtarchiv unten am Karolinenplatz. Aber jedes Mal wenn ich hier an der TU zu tun habe, nutze ich die Gelegenheit, sofern das Wetter mitspielt.«

Er strich der Schildkröte über den Kopf. Sie ver-steckte sich nicht sondern schob ihren langen Hals aus ihrem schützenden Panzer, einem erigierten Pfer-depenis mit Augen nicht unähnlich. Die beiden waren wie alte Freunde.

»Wie sind Sie auf den Namen Riedkehl gekommen?«

Der Kommissar gab ihm eine kurze Zusammen-182

fassung der Ermittlungsergebnisse. Rebmann hörte konzentriert zu, stellte Zwischenfragen, wenn er etwas nicht nachvollziehen konnte.

»Es gibt nicht nur eine Gemeinde und einen Park, Sie haben die Riedkehlstraße unterschlagen, Herr Rünz. 1944 ist er umgekommen sagen Sie, und war Besatzungsmitglied eines britischen Kampfflugzeuges? Dann muss er zwischen zwanzig und dreißig Jahre alt gewesen sein.«

»Vier- oder fünfundzwanzig nach unseren Unter-suchungsergebnissen.«

»Hmm, 1919 oder 20 geboren. Haben Sie Angaben über seine Eltern?«

»Nur über den Vater, einen Karl Riedkehl, der in Auckland lebte. Hatte sonst wohl keine Angehörigen.«

Die beiden trennten sich von den Schildkröten und setzten ihre Runde fort.

»Ich hoffe Sie haben etwas Zeit mitgebracht, Herr Rünz, denn das ist eine etwas längere Geschichte, zu der Sie möglicherweise ein interessantes Puz-zlestück hinzugefügt haben. Ihrer Einleitung, Herr Rünz, entnehme ich, dass Sie mit dem Hintergrund des Namens Riedkehl in Darmstadt nichts anfangen können.«

Rebmann konnte einen enervierend gespreizten Dozententon auflegen. Rünz zuckte verlegen mit den Schultern und fühlte sich ein wenig wie ein schlecht präparierter Seminarteilnehmer.

»Die Familie Riedkehl* hat



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